Heute ist Severe ME Day. Weltweit wird an diesem Tag an schwer und sehr schwer ME/CFS Betroffene erinnert, die ans Haus oder Bett gefesselt und für die Gesellschaft unsichtbar geworden sind. Sie sind komplett aus dem Leben verschwunden und vegetieren isoliert in Dunkelheit und Stille. Ungesehen und ungehört.
Der 8. August wurde zu Ehren von Sophia Mirzas Geburtstag gewählt, welche an schwerer ME litt. Sie war eine junge britische Künstlerin, die im Jahr 2003 gewaltsam in die Psychiatrie eingewiesen wurde. Ihr Körper erholte sich nie wieder von den Strapazen der Einweisung. Am 15. November 2005 verstarb Sophia im Alter von 32 Jahren an den Folgen der Krankheit. Sie war die erste Betroffene in Großbritannien deren Todesursache offiziell als „CFS“ dokumentiert wurde.
In Erinnerung an Sophia Mirza gedenken wir heute allen schwer und sehr schwer Betroffenen, die in diesem Moment um ihr Leben kämpfen.
Diese Menschen sind meist so krank, dass sie fast 24 Stunden am Tag ans Bett gefesselt und jahrelang in ihrem Zimmer eingesperrt sind. Oft sind sie völlig pflegebedürftig, können sich nicht mehr aufsetzen, müssen im Bett gewaschen, gewindelt, gefüttert oder unter Umständen künstlich ernährt werden. Sie müssen ohne jegliche Sinnesreize allein im Dunkeln liegen. Geräusche, Licht und Berührungen sind zu schmerzhaft.
Wir gedenken aber auch denen, die bereits verstorben sind. Zu viele haben wir in den letzten Jahren verloren.
ME/CFS kann tödlich sein. In England wurde ME/CFS in vielen Fällen als Todesursache anerkannt. Knapp ein Viertel stirbt an Herzversagen, ein weiteres Sechstel an Krebs. Auch Suizid ist eine häufige Todesursache bei ME/CFS.
Wie viele Verluste hätten verhindert werden können, hätte man schon längst gehandelt? Jedes Jahr sterben weitere, meist junge Menschen auf unfassbar qualvolle Weise, während die Verantwortlichen weiter dabei zusehen.
Es ist wichtig, dass wir nicht nur heute an die schwer und sehr schwer Betroffenen denken. Nicht nur an diesem Tag, nicht nur in dieser Woche. Jeder Tag ist Severe ME Tag. Wir müssen diese Menschen in unsere Mitte aufnehmen und ihnen eine Stimme geben.
Zitate von schwer und sehr schwer ME/CFS Betroffenen:
In der Realität ist ME/CFS so viel schrecklicher, als man es jemals beschreiben könnte.
Jeden Tag wünscht man sich entweder endlich gesund oder tot zu sein. Mit ME/CFS fühlt man sich ohnehin so, als würde langsam, aber stetig jedes Leben aus einem schwinden.
Heute war wunderschönes Wetter. Ich hab nur einmal, ganz neidisch zur Tür herausgeschaut ... und bin zurück ins dunkle Zimmer gegangen. Dort habe ich den ganzen Tag allein verbracht.
Ich vegetiere 95 % des Tages mit Schlafbrille und Gehörschutz regungslos liegend vor mich hin. Den Rest der Zeit verbringe ich mit "irgendwie überleben".
Eines der traurigsten Dinge an den Selbstmorden von Menschen mit ME/CFS ist, dass es sich um Menschen handelte, die wirklich leben wollten. Aber Leben ist so viel mehr als nur existieren und unerträgliches Leiden.
Ob sich andere Menschen vorstellen können, wie es ist, nicht mal gewaschen werden zu können? Ich will mich wie ein Mensch fühlen. Und vielleicht sogar ein kleines bisschen so aussehen.
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